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Studienanfänger_innen stehen stets vor einer großen Herausforderung: Sie leben auf einmal in Städten, in denen sie mintunter kaum ein soziales Umfeld haben und sind häufig zu erstem Mal auf sich gestellt. Mitten in der Corona-Krise ist diese Herausforderung ungleich größer geworden: „Erstis“ haben es viel schwerer, neue Leute kennenzulernen, sich zu orientieren, einzuleben und an der Uni zurecht zu finden; sie sind daher auf Unterstützungsangebote ihrer Fakultäten angewiesen.
Wie sich Studienstart, Lehre und Uni-Leben für Erstis im Fach Jura in Leipzig gestalten, haben wir, das Semesterbetreuungs-Team, Michael Zwanzger, den Studiendekan der Juristenfakultät, gefragt.

Herr Professor Zwanzger, wird es im Wintersemester 2020/21 überhaupt eine Form von Präsenzlehre geben?

Michael Zwanzger: Wir planen an der Juristenfakultät zumindest dafür. Die Abstands- und Hygieneregeln schränken uns natürlich ein, weil wir nur einen Bruchteil der Plätze in den Hörsälen und Seminarräumen nutzen können. Wenn sich die Situation aber nicht drastisch verschlechtert, können wir diesen Bruchteil nutzen, um zumindest einen Teil der Lehrveranstaltungen in sogenannten hybriden Lehrformaten anzubieten. Bei hybriden Lehrformaten besucht ein Teil der Studierenden die Lehrveranstaltung in Präsenz; der andere Teil folgt der Veranstaltung online über eine Internetplattform und kann von dort aus auch Fragen stellen. Wir wollen damit erreichen, dass die Studierenden – und vor allem die Erstsemester – ihre Lehrenden, ihre Mitstudierenden und die Unterrichtsräume zumindest gelegentlich real sehen können. Das ist logistisch ziemlich aufwendig, aber aus unserer Sicht wichtig: Eine Universität ist mehr als ein virtueller Raum, und ein Studium ist mehr als eine Folge von Lehrvideos. Auch wir als Dozenten brauchen ab und an die Vergewisserung, dass wir nicht Videobilder, sondern Menschen unterrichten.

Einen Präsenzzwang gibt es bei den hybriden Lehrformaten aber nicht: Wer auch bei großen Sitzabständen nicht in einen Hörsaal kommen will, weil er z.B. zu einer Risikogruppe gehört, kann die Lehrveranstaltung über das ganze Semester online verfolgen.

Was passiert, wenn es zu einem zweiten Lockdown kommt?

Michael Zwanzger: Ich hoffe nicht, dass dieser Fall eintritt; er würde aber das Lehrprogramm nicht ernsthaft beeinträchtigen. Bei den hybriden Lehrformaten würde einfach der Präsenzteil wegfallen, so dass dann alle Studierenden der Vorlesung online folgen. Lehrveranstaltungen, die vollständig online angeboten werden, können ohnehin weiterlaufen; den Unterricht über Videokonferenzplattformen haben wir inzwischen ganz gut im Griff. Da wir auch an unseren Kommunikationskanälen gearbeitet haben, können wir Informationen zu kurzfristigen Änderungen ziemlich schnell direkt an die Studierenden durchstellen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der digitalen Lehre im Sommersemester 2020 gemacht?

Michael Zwanzger: Wenn man den Evaluationen trauen darf, haben wir das Sommersemester 2020 ganz ordentlich bewältigt, trotz fehlender Vorbereitungszeit, kurzfristiger Umplanungen und ständig wechselnder Vorgaben. Die wichtigste Erfahrung für mich war aber, dass man die klassische Lehre nicht so einfach ersetzen kann, wie das gelegentlich behauptet wird. Bei der online-Lehre fehlen die vielen kleinen Feedbacks, die man im Hörsaal oder im Seminarraum bekommt, nicht nur durch Fragen oder Beiträge, sondern auch durch Blicke, Geräusche, Unruhe oder unerwartete Stille. Mir war bis dahin nicht aufgefallen, wie wichtig diese Kleinigkeiten sind. Auch für die Studierenden ist das „Echtzeitelement“ offenbar wichtig: Die „live“-Formate waren im Sommersemester deutlich beliebter als die „Konserven“ wie z.B. Screencasts, bei denen der Vorlesungstext zu den PowerPoint-Folien eingesprochen wurde. Viele Studierende haben in den Evaluationen auch angegeben, dass sie es wichtig finden, bei einer online-Veranstaltung das Gesicht des Dozenten zu sehen – obwohl darin eigentlich kein Informationsgehalt liegt. Aber es scheint hilfreich zu sein, um einer Veranstaltung folgen zu können. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass wir im Wintersemester mit Präsenzelementen arbeiten wollen und bei den reinen online-Veranstaltungen auf live-Formate statt auf „Konserven“ setzen.

Welche Angebote sind für Erstsemester im Wintersemester 2020/21 geplant?

Michael Zwanzger: Wir planen derzeit für das Wintersemester ein Tutorien-Programm auf Kleingruppenbasis. Die Tutoren sind dabei Studierende höherer Semester, die jeweils eine Gruppe von fünf Studierenden über das Semester begleiten, bei Fragen zum Studium und zum Leben helfen und mit dieser Gruppe ein wenig soziales Leben herstellen. Kleingruppen haben den Vorteil, sich auch bei verschärften Corona-Vorschriften noch relativ leicht treffen zu können. Das ist aus meiner Sicht wichtig, weil soziale Kontakte genauso zum Studium gehören wie die Studieninhalte selbst, und ganz besonders dann, wenn man in eine neue Stadt kommt. Die vielen Informationen, die am Studienanfang auf einen einprasseln, wirken auch nicht so bedrohlich, wenn man einen Ansprechpartner zur Hand hat, den man einfach fragen kann.

Wir haben unter unseren Studierenden eine enorme Bereitschaft, den Erstsemestern zu helfen. Schon jetzt haben sich weit über 150 Studierende bereit erklärt, im Wintersemester eine Tutorengruppe zu betreuen – obwohl das ein reines Ehrenamt ohne Bezahlung ist. Das sind viel mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte, und alleine das ist eigentlich schon ein Grund, in Leipzig zu studieren.

Es lohnt sich also, trotz der Corona-Krise zum Studium nach Leipzig zu ziehen?

Michael Zwanzger: Wenn es finanziell tragbar ist, würde ich das auf jeden Fall tun. Nicht nur wegen der Präsenzelemente und der Tutorien, sondern auch, weil das Studium ein neuer Lebensabschnitt ist, in dem man lernen muss, sein Leben alleine zu organisieren. Und das lernt man am schnellsten, wenn man nicht mehr zu Hause wohnt. Abgesehen davon ist Leipzig eine der schönsten und lebenswertesten Städte, die auch neben der Universität viel zu bieten hat.

Wird es für Erstsemester in diesem Jahr eine Einführungswoche geben?

Michael Zwanzger: Ja, daran halten wir fest, und wir wollen auch, dass diese Einführungswoche in größtmöglichem Umfang in Präsenz stattfinden kann. Wegen der Abstandsregeln benötigen wir dafür mehr Veranstaltungen und mehr Räume, so dass diesmal die Einführungswoche länger als eine Woche dauern wird. Der Fachschaftrat Jura, also die studentische Vertretung der Juristenfakultät, bereitet aktuell verschiedene „coronakonforme“ Aktionen für die Einführungswoche vor: Auf dem Plan stehen Radtouren, Grillabende im Park und Stadtführungen. Die Größe der Kleingruppen richtet sich nach den aktuellen Kontaktbeschränkungen.

Wie können sich Studieninteressierte momentan über das Jura-Studium in Leipzig, Campus, Uni und Studierendenleben informieren?

Michael Zwanzger: Wir haben für Studieninteressierte ein virtuelles Informationsangebot bereitgestellt: Es beinhaltetet unter anderem digitale Schnuppervorlesungen, Erfahrungsberichte, Infos zum Studienablauf, zur Studienfinanzierung, zum studentischen Wohnen und eine digitale 360-Grad-Campus-Tour. Bei Fragen zum Studium an unserer Fakultät ist das Studienbüro und die zentrale Studienberatung telefonisch und per E-Mail erreichbar.

Wer sich für die studentische Perspektive interessiert, kann sich mit Fragen zum Studium und Leben in Leipzig auch jederzeit per E-Mail an uns, die Semesterbetreuung wenden. Wann startet denn eigentlich das Wintersemester in diesem Jahr?

Michael Zwanzger: Das Semester selbst beginnt – wie immer – am 1. Oktober 2020. Die Vorlesungszeit ist allerdings etwas verkürzt, sie beginnt erst am 26.10.2020. Der Grund dafür ist, dass die Universität die Eröffnungs- und Orientierungsphase für die Erstsemester verlängert hat (vom 12. Oktober bis zum 23. Oktober), um den Studienstart unter den ungewohnten Bedingungen zu erleichtern.

Vor die Wahl gestellt: Würden Sie im Wintersemester 20/21 ein Studium beginnen?

Michael Zwanzger: Ja, zumindest ein Jura-Studium. Das Jurastudium ist zu weiten Teilen ein Lesestudium, und beim Lesen stören die Corona-Einschränkungen nur begrenzt – anders als z.B. bei den Sportwissenschaftlern. Wir haben zudem den Vorteil, dass es zu jedem Fach gute Lehrbücher gibt, auf die man zurückgreifen kann. Wenn man einmal eine online-Vorlesung verpasst, weil das Internet ausgefallen ist, kann man alles nachlesen; es gibt kein Geheimwissen. Die Risiken sind dadurch gut beherrschbar.

 

Die Semesterbetreuung, ein Team aus sechs Studierenden der Fakultät, ist zur Stelle bei allen Fragen, die während oder vor dem Studium aufkommen. Ganz vordergründig unterstützen sie bei der Studienorganisation, damit sich die Studierenden voll und ganz auf das Studium konzentrieren können.

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