Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit in Leipzig?
Ich habe 2005 begonnen, an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig Humanmedizin zu studieren und 2011 erfolgreich approbiert. Damals belegte ich noch Kurse im alten DDR-Bau der Universität am Augustusplatz und es wurde am Patientenbett im 12-stöckigen Bettenhaus 2 in der Liebigstraße gelehrt. Neben des umfangreichen Lernstoffes und ständigen Klausuren sowie Testaten erinnere ich mich auch an legendäre Darmspülungsparties
im Spizzkeller und süffige Tanznächte im TV-Club. Meine persönlichen Highlights waren die Titel im Deutschen Medizinerfußball, die wir insgesamt viermal gewinnen konnten und damit bis heute deutsche Rekordmeisterinnen sind.
Welche Bedeutung hat die Uni Leipzig heute für Sie?
Mit der Universität Leipzig verbinde ich heute eine moderne, junge und diverse Universität. Mit Freude beobachte ich die Entwicklungen, die die Universität und insbesondere auch die Medizinische Fakultät nehmen.
Wie ist Ihr ehrenamtlichen Engagement am Leipziger Hauptbahnhof im Rahmen der Hilfe für Ankommende aus der Ukraine zustande gekommen?
Als ich eine Spende am Kohlrabizirkus für Hilfstransporte in die Ukraine abgab, wurde ich gebeten, mich am Hauptbahnhof zu melden. Dort hatten seit einer Woche ehrenamtliche Helfer (heute der Verein Leipzig helps Ukraine) sich der Geflüchteten angenommen. Einige von ihnen benötigten auch medizinische Hilfe. So stand ich zunächst mit zwei Kartons Medikamente in einem THW-Zelt am Gleis, in dem sich alles abspielte. Ich stellte fest, dass der Bedarf an medizinischer Versorgung da ist und ich ihn nicht alleine stemmen konnte, zudem ich selbst gerade mit einem kleinen Baby in Elternzeit bin. Daraufhin habe ich über verschiedene Kanäle und Netzwerke nach freiwilligen Ärzt*innen gesucht, die bereit waren, mitzuhelfen. Zuletzt waren wir eine Gruppe mit über 180 Ärzt*innen, die in drei Schichten am Hauptbahnhof Geflüchtete versorgten. Die Medikamente wurden uns von Bürger:innen der Stadt und anderen ärztlichen Kolleg:innen gespendet. Nachdem eine Hilfsorganisation beauftragt wurde, sich um die Betreuung der Geflüchteten zu kümmern, haben wir im alten Fahrradladen an der Westseite des Bahnhofs ein Arztzimmer beziehen können. Wir konnten so drei Wochen überbrücken, bis die Stadt Leipzig eine eigene Lösung fand, indem sie eine Medpoint-Praxis am Brühl eröffnete, der nun eigenverantwortlich betrieben wird.
Dr. Annegret Wilke ist Fachärztin Innere Medizin und Nephrologie sowie Notärztin. Von 2005 bis 2011 hat sie Humanmedizin an der Alma mater Lipsiensis studiert. Unter www.doctorinfluenca.de bloggt sie über ihren Alltag in der Medizin sowie andere Themen, die sie bewegen.