Nachricht vom

Zweisprachiges Lernen, also zum Beispiel in der Schule einer Unterrichtssprache ausgesetzt zu sein, die nicht der eigenen Muttersprache entspricht, geht häufig mit schlechteren Leistungen einher. Wie Forschungsergebnisse zeigen, führt der von den Lernenden dabei verlangte Sprachwechsel zwischen Lernen (Unterricht) und Wissensabruf (Anwendung), beispielsweise im Fach Mathematik, oft zu mehr Fehlern, die als Sprachwechselkosten bezeichnet werden.

Mit eben diesem Thema beschäftigen sich seit nunmehr 10 Jahren der Leipziger Professor für Pädagogische Psychologie, Henrik Saalbach, und sein Grazer Kollege Roland Grabner, der an der österreichischen Partnerhochschule als Professor für kognitiv-neurowissenschaftliche Begabungs- und Lernforschung forscht und lehrt. Beide Professoren lernten sich in ihrer gemeinsamen Zeit an der ETH Zürich von 2007 bis 2012 kennen, wo sie ihre jeweiligen Forschungslinien zusammenführten und einen Antrag auf ein Forschungsprojekt zu Sprachwechselkosten beim zweisprachigen Mathematiklernen beim Schweizerischen Nationalfonds einreichten, der bereits im ersten Anlauf bewilligt wurde. Das Zürcher Projekt markierte den Anfang ihrer langjährigen Kooperation in diesem Themengebiet.

Nun haben Saalbach und Grabner einen neuen Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit erreicht: drei Jahre lang wird ihr neues Forschungsprojekt dank einer kombinierten Förderung der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) und des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziell unterstützt. Im Projekt wollen sich beide mit Sprachwechselkosten bei anspruchsvolleren mathematischen Inhalten auseinandersetzen: „Sprachwechselkosten wurden in bisherigen Studien hauptsächlich bei relativ einfachen mathematischen Inhalten, zum Beispiel beim Lernen neuer Rechenaufgaben, untersucht. Über Sprachwechselkosten bei schwierigeren Mathematikaufgaben ist bisher nahezu nichts bekannt“, erklärt Grabner.

Darüber hinaus gibt es bisher kaum Befunde dazu, wie lange diese Sprachwechselkosten andauern, wie sie sich auf anschließendes, also darauf aufbauendes, Lernen auswirken und inwiefern sich Menschen unterschiedlicher Fähigkeiten im Ausmaß der Kosten unterscheiden. „Aus dem Projekt erhoffen wir uns nicht nur wichtige grundlagenwissenschaftliche Befunde zur sprachspezifischen Wissensrepräsentation und zu mathematischem Lernen, sondern auch relevante Impulse für die Gestaltung bilingualer Bildung, wie etwa Content and Language Integrated Learning (CLIL) beziehungsweise Immersionsunterricht“, so Grabner weiter.   

Im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit profitieren beide Professoren sehr davon, dass die Universität Leipzig und die Karl-Franzens Universität Graz so eng verbunden sind: „Das ermöglichte es uns, die Kooperation nicht nur fortzusetzen, sondern auch zu intensivieren und zu erweitern. So gibt es mittlerweile auch eine Kooperation zwischen Roland Grabner und der Abteilung Didaktik am Mathematischen Institut der Universität Leipzig, die von Prof. Silvia Schöneburg-Lehnert geleitet wird. In der Abteilung wird auch mit meiner Beteiligung und der Beteiligung von Kollegen der Universität Trier zur Repräsentation konzeptuellen mathematischen Wissens im Gedächtnis geforscht“, hebt Saalbach die Bedeutung der strategischen Partnerschaft beider Hochschulen hervor.