Pressemitteilung 2013/076 vom

Prof. Dr. Gregory Ralph Crane gilt als führender Pionier der eHumanities, der Entwicklung von Computerprogrammen für die Geistes- und Sozialwissenschaften. Ab 1. April ist der Amerikaner Leipziger. Seine Professur an der Universität Leipzig wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung mit fünf Millionen Euro gefördert. Am Dienstag (19.3.2013) besuchte der renommierte Altphilologe und Informatiker schon einmal seine künftige Wirkungsstätte.

"Als ich Student war und erst Altgriechisch und Latein studierte, sah ich immer wieder die Namen 'Leipzig' oder 'Lipsiae' am Anfang von Editionen und wichtigen Büchern. Leipzig war das größte Zentrum für die Veröffentlichung von Büchern und die Vermittlung von Ideen über Altertumswissenschaft", erinnert sich Crane. Er werde nie das Gefühl vergessen, das er hatte, als er 1978 auf eine Landkarte schaute und erkannte, wo genau Leipzig liegt. Damals habe er gedacht, er werde diese Stadt niemals sehen. Für Crane war es deshalb "wie ein Wunder", als ihn die Professorin für Alte Geschichte an der Universität Leipzig, Charlotte Schubert, vor fünf Jahren einlud, die Stadt kennenzulernen. Nun habe er durch seine Humboldt-Professur die Gelegenheit, die Entwicklung dieser Universität und der Kulturstadt Leipzig weiter zu verfolgen. "Das ist für mich immer noch kaum zu glauben", sagt Crane, der von der Tufts University in Medford/Boston (USA) an die Alma mater kommt.

An der Universität Leipzig möchte der 55-Jährige seinen Studenten vermitteln, wie das Verhältnis zur Vergangenheit und zum Kulturerbe der Menschheit in einem digitalisierten Zeitalter weiterentwickelt werden können. "Meiner Meinung nach ist das Fach Informatik perfekt dafür", erklärt Crane, der sich für eine digitalisierte Philologie stark macht. "Wir dürfen keine alte Sprachen und auch keine Methoden wie das Machine Learning fürchten. Wir stehen am Anfang eines Prozesses, in dem wir verschiedene Fähigkeiten zusammenbringen müssen", fügt der Humboldt-Professor hinzu.

Er kombiniert in einem innovativen Ansatz Altphilologie und Informatik. So wendet Crane Methoden der Informatik zur Systematisierung der kulturellen Entwicklung des Menschen an. Seine Reputation als Pionier der Digital Humanities, der digitalen Geisteswissenschaften, verdankt er der Entwicklung der Perseus Digital Library, einer umfangreichen und frei zugänglichen Online-Bibliothek für antike Quellen. Als einer der innovativsten Forscher in seinem Gebiet ist er wie kein Zweiter in den Geisteswissenschaften und der Angewandten Informatik bewandert.

In Leipzig wird er mit einem Informatiklehrstuhl für Digital Humanities dazu beitragen, die Verbindung der Informatik mit den Geistes- und Sozialwissenschaften als einen zentralen Schwerpunkt voranzubringen. Das Institut für Informatik soll so zu einem international sichtbaren Zentrum der Digital Humanities ausgebaut werden. "Wir müssen die Geisteswissenschaften neu entdecken", betont Crane. Kooperationen sind unter anderem mit dem Herder-Institut der Universität Leipzig geplant. Dabei geht es um die Erstellung eines systematisch aufgebauten Vergleichskorpus zur gesprochenen deutschen, polnischen und englischen Wissenschaftssprache im Bereich der Philologien, das der wissenschaftlichen Community gegen Registrierung frei zugänglich sein soll. Auch für die Leipziger Arabistik interessiert sich Crane - hier vor allem für eine datenbankgestützte Handschriftenerschließung und -erforschung, die er zusammen mit den Experten vom Orientalischen Institut weiterentwickeln möchte. "In Leipzig gibt es viele Möglichkeiten. Ich bin tief begeistert und gespannt, was wir in kommenden Jahren realisieren können", sagt Crane.

Ebenso finden moderne Informationstechnologien in den Altertumswissenschaften Anwendung. Charlotte Schubert, Professorin für Alte Geschichte an der Universität Leipzig, hat ein entsprechendes Projekt initiiert. Es startete im Oktober vergangenen Jahres, wird vom Bundesforschungsministerium gefördert und läuft bis 2015. Am 20. März findet der erste große Workshop des Projektes eXChange statt, das semantische Inhalte erfasst, um die Wechselwirkungen zwischen Struktur und Handlung, zwischen Alltag und Politik in der Antike zu untersuchen.

Weitere Informationen zur Person:

Prof. Dr. Gregory Ralph Crane, geboren 1957, ist bisher Lehrstuhlinhaber am Department of Computer Science der Tufts University, Medford/Boston (USA) gewesen. Seine Promotion legte er im Bereich klassische Altertumswissenschaften an der Harvard University 1985 vor, danach war er dort Assistant Professor. Seit 1985 war er als Co-Director an den Planungen zum Perseus-Projekt beteiligt, seit 1992 als Assistant Professor tätig, dann als Associate Professor an der Tufts University. Seit 1998 ist er Inhaber des Winnick Family Chair of Technology and Entrepreneurship. Für seine Leistungen wurde er unter anderem mit dem Google Digital Humanities Award 2010 ausgezeichnet.