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„Vítejte v Praze!“ - „Willkommen in Prag!“ Vom 01. bis 04. November haben am Institut für Translatologie der Karls-Universität Prag 26 Leipziger und Prager Studierende des Bachelorstudiengangs „Interkulturelle Kommunikation und Translation Tschechisch-Deutsch“ zusammen mit Lehrenden beider Partneruniversitäten am zweiten Prag-Leipziger Übersetzungsworkshop teilgenommen und sich über aktuelle Herausforderungen für Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen ausgetauscht.

Drei Jahre hat es gedauert, bis „die Suche nach des Pudels Kern“ (hledáme jádro pudla) wiederaufgenommen werden konnte. Schon 2019 hatten sich deutsche und tschechische Studierende und Lehrende damals an der Universität Leipzig getroffen, um Fragen rund ums literarische Übersetzen miteinander zu diskutieren. (Herausgekommen ist dabei auch eine Publikation, die hier digital verfügbar ist.) Jetzt, Anfang November 2022, ist der Prag-Leipziger Übersetzungsworkshop in die zweite Runde gegangen.

Thematisch ist der Workshop dabei hochaktuell aufgestellt: „Es geht um die Auswirkungen der Pandemie auf den Wortschatz der betroffenen Sprachen, in unserem Fall also Tschechisch und Deutsch“, erklärt Dr. Christof Heinz vom Institut für Slavistik, der als Studienfachberater für den B. A. „Interkulturelle Kommunikation und Translation Tschechisch-Deutsch“ fungiert. Auch die Veränderungen in der Berufspraxis von Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen, die sich coronabedingt ergeben haben, stehen im Fokus.

„2022 hatten neun der zehn häufigsten Neologismen, also Wortneuschöpfungen, im Tschechischen mit dem Thema Corona zu tun“, berichtet Michaela Lišková, die den Workshop zum Pandemiewortschatz im Tschechischen geleitet hat. Viele der neuen Wörter sind Internationalismen wie „covid“, „lockdown“ oder „antigenní“, Lexeme, die auch verstanden werden können, wenn man kein Tschechisch beherrscht. Das Beispiel „koronavirus“ zeigt jedoch, weshalb es für Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen so wichtig ist, auf Details und Feinheiten zu achten und stets den genauen Kontext im Auge zu behalten. So kann das Wort nämlich im Tschechischen sowohl das Virus an sich als auch kolloquial die Zeit der Pandemie im Allgemeinen bezeichnen, was im Deutschen wiederum nicht möglich ist.

Neben der konkreten thematischen Arbeit spiegelt der Workshop auch das wider, was den Studiengang an sich so besonders macht: internationale Zusammenarbeit. „Interkulturelle Kommunikation und Translation Tschechisch-Deutsch“ ist ein Double-Degree-Programm, in dem die Studierenden an zwei Universitäten studieren und entsprechend auch zwei Abschlüsse erwerben, nämlich von der Universität Leipzig und von der Karls-Universität Prag. Prof. Dr. Danuta Rytel-Schwarz, mittlerweile emeritiert, hat den Studiengang maßgeblich mit ins Leben gerufen und freut sich, ein so gut funktionierendes Studienprogramm übergeben zu können. Ab 01. September 2023 wird Frau Prof. Dr. Anna Artwińska die Leitung des Studiengangs in Leipzig weiterführen.

Rytel-Schwarz und Heinz erzählen beide begeistert von der Kooperation mit den Prager Kolleg:innen, aber auch mit dem Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT) hier in Leipzig. „Ohne unsere Partner und ohne die Unterstützung der Stabsstelle Internationales wäre das alles nicht möglich“, betont Prof. Rytel-Schwarz. Gemeinsam mit den Kolleg:innen in Prag haben sie nun den Workshop organisiert und konnten dabei erneut auf ihr breites Netzwerk zurückgreifen.

„Bianca Lipanská, die mit uns über Möglichkeiten und Herausforderungen von Dolmetschen über Videokonferenzsysteme gesprochen hat, hat selbst am IALT studiert, damals noch im Diplom-Studiengang Übersetzung, mit der Spezialisierung für Tschechisch und Englisch“, berichtet Dr. Heinz. Es lohnt sich also, Kontakte zu pflegen. Für die Studierenden wiederum ist es schön, jemanden aus der Berufspraxis zu treffen, sodass sie sich bereits jetzt ihr eigenes Netzwerk aufbauen können.

Lipanská hat im Workshop besonders technische und organisatorische Herausforderungen angesprochen: So müssen sich Dolmetscher:innen erst einmal mit den technischen Gegebenheiten und Funktionen der jeweiligen Videokonferenzsysteme vertraut machen, um sie möglichst produktiv und effektiv nutzen zu können. Außerdem muss beispielsweise geklärt werden, wie das Online-Dolmetschen vergütet wird und ob eine Aufzeichnung erfolgen kann – lauter Aspekte, die aufgrund der aktuellen Situation neu aufgekommen sind und die es nun gilt, in geeigneter Form ins Curriculum aufzunehmen, damit künftige Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen optimal auf die Berufspraxis vorbereitet sind.

Für viele der 26 Studierenden war der Workshop in Prag auch eine erste Gelegenheit, ihre Kommiliton:innen aus der Partneruniversität besser kennenzulernen, ehe sie im nächsten Jahr ihr Auslandsjahr in Prag bzw. Leipzig antreten werden. Einige der Leipziger Studierenden waren bereits in Tschechien und freuten sich auf die Rückkehr und das Wiedersehen mit Kommiliton:innen und Lehrenden.

„Wir sind sehr froh, dass Reisen nun wieder besser möglich sind“, betont Danuta Rytel-Schwarz. Sie erinnert sich lebhaft an den März 2020, als ein Brief der Rektorin darum bat, Leipziger Studierende aus dem Ausland zurückzuholen. Da das Semester in Prag aber bereits Ende Februar beginnt, waren die Studierenden schon vor Ort – und haben ihr Auslandsstudium zwar in Tschechien, jedoch mit digitalem Unterricht verbracht. „Aus dieser Kohorte haben alle Studierende, Corona zum Trotz, erfolgreich ihren Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit gemacht“, erzählt Rytel-Schwarz. Die Herausforderungen, vor die Corona sie gestellt hat, haben die Studierenden also gut gemeistert, auch wenn sie sich den Austausch ursprünglich anders vorgestellt hatten.

„Die Kolleginnen und Kollegen in Prag haben – der Situation angemessen - tolle, digitale Angebote entwickelt und die Studierenden unterstützt“, berichtet Heinz. So haben beispielsweise die Leipziger Studierenden an einem Theaterprojekt teilgenommen, das man sich auf YouTube ansehen kann. Auch in Leipzig wurden die Lehrenden kreativ, wenn es darum ging, die tschechischen Austauschstudierenden besser in die digitale Lehre einzubinden, und haben zu verschiedenen Gastvorträgen eingeladen.

Der Workshop in Prag hat sich thematisch sehr gut an die Erfahrungen der letzten Jahre angeschlossen: „Die Idee eines Workshops, der sich mit der Pandemiesituation beschäftigt, ist sehr aktuell, denn wir sind die Generation, die in den letzten Jahren direkt betroffen war“, so die Studierenden. So überrascht es nicht, dass alle Teilnehmenden sehr zufrieden mit dem Workshop sind und wichtige Impulse für das Studium und die eigene Lehre erhalten haben.

„Eine Fortsetzung des ‚Pudels‘ ist auf jeden Fall geplant“, sagt Christof Heinz. Ein konkretes Datum gibt es noch nicht, aber die Kolleg:innen der Slavistik und die Studierenden freuen sich schon jetzt, den Workshop beim nächsten Mal wieder in Leipzig ausrichten zu dürfen.

 

 

Wer neugierig geworden ist und mehr über den binationalen Bachelorstudiengang „Interkulturelle Kommunikation und Translation Tschechisch-Deutsch“ erfahren möchte, findet hier alle relevanten Informationen.