Pressemitteilung 2002/193 vom

11. Jahrestagung der Vereinigung Mitteldeutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte

Die Behandlung von bösartigen Tumoren im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich hat häufig Folgen, die das Alltagsleben der Betroffenen schmerzlich beeinflussen. Patienten z. B., denen der Kehlkopf entfernt werden musste, sehen sich nicht nur mit der bedrohlichen Diagnose "Krebs" konfrontiert, sondern gleichzeitig mit dem Verlust ihrer Stimme. Ihre Atmung kann nicht mehr durch die Nase und / oder den Mund erfolgen, sondern durch eine Halsöffnung (Tracheostoma), die der Arzt künstlich anlegen muss.

"Was dann folgt ist ein Teufelskreis", erklärt Prof. Schwarz, Leiter der selbständigen Abteilung für Sozialmedizin und Chef der Tumorberatungsstelle der Universität Leipzig. "Viele Patienten leiden darunter, dass sie häufig gar nicht mehr selbst angesprochen werden, sondern nur noch ihre Ehepartner, dass man sie regelrecht übergeht." Das habe nichts mit Böswilligkeit zu tun, eher mit Gedankenlosigkeit oder Hilflosigkeit. Folge davon ist eine soziale Ausgrenzung der Betroffenen. Zu den organischen Defiziten kommen soziale und psychische Probleme.

Deshalb ist Kommunikation außerordentlich wichtig für die Wiedereingliederung in den Alltag. Der Betroffene soll in die Lage versetzt werden, wieder allein Kontakt aufzunehmen und zu halten. Voraussetzung dafür ist die Ausbildung einer Ersatzstimme, der sogenannten Oesophagus-Stimme (benannt nach dem medizinischen Fachbegriff für die Speiseröhre), die man mit Hilfe eines Logopäden erlernen kann. Das ist schwierig und kann sehr langwierig sein, doch es gelingt meist mit Ausdauer und Unterstützung durch das soziale Umfeld. Denn die neue Sprache klingt anders als die normale, sie ist tiefer und knarrender, so dass bei einigen Patienten eine gewisse Hemmung besteht, sie zu gebrauchen, wenn Ermutigung fehlt. Gelingt einem Patienten das Erlernen dieser Sprache gar nicht, hält die moderne Medizin auch andere Methoden vor, die aber auch nicht ohne Schwierigkeiten zu meistern sind.

Zur Zeit läuft eine gemeinsame Studie der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde/Plastische Operationen und der Selbständigen Abteilung für Sozialmedizin, die einen Vergleich der Lebensqualität von Patienten nach einer Kehlkopfentfernung mit der der Allgemeinbevölkerung möglich machen soll. Dazu wurden alle Betroffenen, die an der Uniklinik Leipzig und am Krankenhaus Dresden Friedrichstadt zwischen 1990 und 2001 operiert worden sind, angeschrieben und um ein persönliches Gespräch gebeten. Die Befragung fand im häuslichen Umfeld der Patienten statt. Parallel dazu wurde eine bundesweite repräsentative Befragung ganz verschiedener Bevölkerungsgruppen und Personen durchgeführt. Hinsichtlich der erreichten Sprechqualität ist eine weitere Untersuchung notwendig, die gegenwärtig in Zusammenarbeit mit mehreren HNO- und Rehakliniken sachsenweit durchgeführt wird. Wir werden zu gegebener Zeit darüber berichten.

Eine große Hilfe für die Patienten ist immer wieder die Psychosoziale Beratungsstelle für Tumorpatienten und ihre Angehörigen, die in vielerlei Hinsicht Unterstützung gewährt. Sie berät bei seelischen und sozialen Belastungen durch die Erkrankung und bei sozial- und versicherungsrechtlichen Fragen (Rehabilitation, Hilfsmittelversorgung, Fragen zur Berentung). Gern angenommen werden auch die psychotherapeutischen Gespräche an und die Vermittlung von notwendigen Kontakten zu Selbsthilfegruppen und anderen Organisationen. Die Mitarbeiter besuchen die Patienten auch im Krankenhaus oder zu Hause.

Die entsprechende Telefonnummer lautet: 0341 97-15407.

 

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