Pressemitteilung 2013/014 vom

Der gebürtige Algerier Prof. Dr. Jean-Pierre Goudaillier von der Université Paris Descartes, der in diesem Semester Leibniz-Professor am Zentrum für Höhere Studien (ZHS) an der Universität Leipzig ist, hält am Montag seine Antrittsvorlesung. Der 63-jährige Professor für Linguistik wird zum Thema "Deutsch-französische Parallelen? Soziologische und sozio-linguistische Forschungsansätze zu sprachlichen Substandards" sprechen.

"Dabei beziehe ich mich auf Kieze oder besser gesagt Problemviertel wie zum Beispiel Neukölln oder Kreuzberg in Berlin beziehungsweise Saint- Denis, Aulnay-sous-Bois oder das 19. Arrondissement in Paris", erläutert Goudaillier. Dabei gehe es auch um die Abgrenzung der Begriffe Kieze, Problemviertel, soziale Brennpunkte im Deutschen sowie cités, banlieues und quartiers im Französischen. Ebenso werden verschiedene Beispiele der Soziolekte dieser Viertel Thema seiner Antrittsvorlesung sein.
Im Rahmen seiner Leibniz-Professur, die bis zum 31. März 2013 andauert, wird der Sprachexperte aus Paris Seminare und Vorlesungen zum Thema Soziolekte und Jugendsprachen in Deutschland und Frankreich sowie ein Doktorandenkolloquium zur soziolinguistischen Methodologie geben. Ebenso habe er zahlreiche Konsultationen, Gespräche und Diskussionen mit Wissenschaftlern, Studierenden und Doktoranden geplant.

Zunächst habe er sich unter anderem mit Phonologie und experimenteller Phonetik, später mit Regierungstexten rund um das Thema Sprache beschäftigt, berichtet der Leibniz-Professor. Auch die Jugendsprache oder die in den sozialen Problemvierteln gesprochenen Sprachvarianten hätten schon vor Jahren im Mittelpunkt seiner Forschungen gestanden. "Zu diesen Zwecken habe ich zusammen mit einigen Kollegen im Jahr 1986 ein Argotologie-Zentrum gegründet - also eine Einrichtung, die sich mit der Betrachtung und Erforschung von Soziolekten beschäftigt", erklärt Goudaillier. Seit den 1990er Jahren habe er Studien über die Jugendsprache bzw. Sprachvarianten in Problemvierteln in Frankreich durchgeführt. Betrachtet worden seien hier sämtliche Ebenen der Jugendsprachen.

Für den Vergleich im Sprachenpaar Deutsch/Französisch arbeitet er seit etwa zehn Jahren mit Prof. Dr. Sabine Bastian vom Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT) der Universität Leipzig. "Wir haben bereits gemeinsam an Publikationen gearbeitet und Kolloquien abgehalten", sagt Prof. Goudaillier. Darüber hinaus betreue er im Moment zwei Dissertationen, die Leipziger Doktorandinnen zu diesem Thema schreiben.

Mit der Einrichtung der Leibniz-Professur am Zentrum für Höhere Studien verfolgt die Universität das Anliegen, interdisziplinäre Forschung und Graduiertenausbildung zu befördern und gleichzeitig internationale Kontakte zu vertiefen. Die Leibniz-Professur ist eine Forschungsprofessur, die semesterweise mit einer oder einem führenden Gelehrten besetzt wird. Sie ist mit der Verpflichtung verbunden, Lehrveranstaltungen zu einem engeren Forschungsvorhaben für Studierende zu geben, außerdem ein auf interdisziplinäre Kommunikation gerichtetes Kolloquium mit Kollegen und Graduierten durchzuführen.

Seit der Einrichtung der Leibnizprofessur 1994 haben Physiker, Philosophen, Kulturwissenschaftler, Historiker, Literaturwissenschaftler und Linguisten, Kognitions- und Neurowissenschaftler die Leibnizprofessur inne gehabt.