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Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, hat am (heutigen) 8. November 2018 gemeinsam mit Dr. Ludger Breloh, SELEGGT- Geschäftsführer, und Jan Kunath, stellvertretendem Vorstandsvorsitzenden der REWE Group, in Berlin das nun marktreife Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei vorgestellt. In 223 REWE- und PENNY-Märkten in Berlin können Kunden ab November die ersten Konsumeier kaufen, deren Legehennen als Brut-Ei das neue Verfahren durchlaufen haben. Die REWE Group plant bereits für das kommende Jahr die nationale Markteinführung der so genannten "respeggt-Freiland-Eier" auf alle rund 5.500 REWE- und PENNY-Märkte in Deutschland auszudehnen. Parallel erarbeitet SELEGGT ein Geschäftsmodell, um die Technik der Branche kostenneutral als Dienstleistung zur Verfügung zu stellen. Somit ist Deutschland Auftaktgeber der neuen Methode, die das Kükentöten in Brütereien beenden kann. Ab 2020 soll auch ersten Brütereien das patentrechtlich geschützte Verfahren zur Nutzung angeboten werden. Erforscht wurde das Verfahren an der Universität Leipzig.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner: "Das ist ein großer Tag für das Tierwohl in Deutschland! Und damit werden wir Taktgeber in Europa. Mein Ministerium hat mit rund fünf Millionen Euro die Erforschung von vielversprechenden Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei unterstützt. Deutschland ist mit der Marktreife des heute vorgestellten Verfahrens Vorreiter. Jetzt ist es möglich, durch ein nadelspitzen-winziges Loch das Geschlecht der Küken im Brut-Ei festzustellen. Männliche Brut-Eier müssen also nicht mehr ausgebrütet und die Küken dann auch nicht mehr getötet werden. Das ist eine Spitzenleistung der Wissenschaftler, und ich freue mich, dass es Praxispartner in der Wirtschaft gibt, die dieses Verfahren zur Anwendung bringen und allgemein zugänglich machen. Auch für den Verbraucher ist es ein deutlich erkennbarer Schritt zu mehr Tierwohl. Es ist auch eine Chance für Brütereien in Deutschland. Für sie ist es eine Alternative, die es ihnen ermöglicht, weiterhin in Deutschland zu produzieren – und gleichzeitig mehr für Tierwohl zu tun. Denn sobald allen das Verfahren zur Verfügung steht und alle Brütereien mit der Methode arbeiten, gibt es keinen Grund und keine Rechtfertigung mehr für das Kükentöten. Unabhängig davon gilt es, das Zweitnutzungshuhn nicht aus den Augen zu verlieren und zu fördern."

Das Verfahren zur Bestimmung des Geschlechtes von Embryonen im Ei wurde von Frau Prof. Dr. Almuth Einspanier von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und ihrem Team entwickelt. Es beruht auf einer Hormonanalyse: Dem Ei werden in Bruchteilen von Sekunden wenige Tropfen Flüssigkeit (embryonaler Harn) entnommen. Mit einem Marker wird dann ein spezielles Hormon gesucht. Kann dieses nachgewiesen werden, handelt es sich um einen weiblichen Embryo. Die Genauigkeit der Messung liegt mittlerweile bei 97 Prozent und damit ähnlich hoch wie beim Sexing von Eintagsküken nach dem Schlupf. „Seit Jahren forschen wir an der Methode zur hormonellen In-ovo-Geschlechtsbestimmung und dies zu einem Zeitpunkt, an dem die Embryonen noch keinen Schmerz empfinden. Ich hoffe, dass das Schreddern männlicher Küken so schnell wie möglich der Vergangenheit angehört“, sagt Prof. Einspanier.

Dr. Ludger Breloh, Geschäftsführer von Seleggt: "Die Förderung des Ministeriums war für uns speziell in der Phase der Grundlagenforschung an der Universität Leipzig enorm wichtig. Für die Unterstützung möchte ich mich daher an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Trotz aller Euphorie haben wir noch einen längeren Weg vor uns. Wir werden von unserer Seite mit Hochdruck daran arbeiten, das SELEGGT-Verfahren den Brütereien kostenneutral zur Verfügung stellen zu können. Im kommenden Jahr wollen wir von der Markt- zur Serienreife kommen. Dennoch halte ich die Entwicklung und Förderung des Zweinutzungshuhns nach wie vor für nicht minder wichtig. Bis dahin könnte die Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei die Brückentechnologie sein."

Jan Kunath, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der REWE Group: "Die REWE Group fordert und fördert sektorale Veränderungsprozesse, die den gesellschaftlichen Ansprüchen Rechnung tragen – auch jenseits der eigenen Geschäftsbereiche. Aus diesem Grund hat die REWE Group mit der SELEGGT GmbH ein Joint Venture mit dem Ziel gegründet, die Grundlagenforschung zur endokrinologischen Geschlechtsbestimmung von Brut-Eiern so weiterzuentwickeln, dass marktreife Lösungen entstehen. Umso mehr freue ich mich, dass wir seit heute den Kunden in unseren REWE- und PENNY-Märkten in Berlin nicht nur im Hinblick auf die Haltungsform der Hühner eine Alternative bieten können. Wer möchte, der kann durch sein Kaufverhalten nun mit dazu beitragen, die Praxis des Kükentötens zu überwinden. Ich bin davon überzeugt, dass der Mehrpreis von einigen wenigen Cent pro Packung gut investiert ist. Im Laufe des kommenden Jahres können unsere Kunden dann sukzessive in ganz Deutschland die respeggt-Freiland-Eier kaufen. Als Unternehmen setzen wir hier ein Zeichen, dass Nachhaltigkeit und Tierwohl für uns elementare Größen sind. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf unsere sehr erfolgreichen Projekte, bei denen sowohl die männlichen als auch die weiblichen Küken aufgezogen werden – Spitz&Bube bei REWE und Herzbube bei PENNY. Denn damit bieten wir unseren Kunden vom klassischen Freiland-Ei über das respeggt-Freiland-Ei bis hin zum Bruderhahn-Ei eine Auswahl wie sonst kein anderes Handelsunternehmen."

SELEGGT: Non-invasive Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei

SELEGGT ist ein Joint Venture der REWE Group mit einem Technologie-Unternehmen, gefördert durch das BMEL. Beim so genannten SELEGGT-Verfahren wird in die Schale des Brut-Eies mit Hilfe eines Lasers ein maximal 0,3 Millimeter kleines Loch gebrannt. Über dieses wird non-invasiv eine winzige Menge der so genannten Allantoisflüssigkeit entnommen. Das Innere des Brut-Eies wird dabei nicht berührt und bleibt unversehrt. Im nächsten Schritt wird die Allantoisflüssigkeit auf einen patentierten Marker außerhalb des Brut-Eies gegeben. Dieser zeigt durch Farbumschlag an, ob sich in dem Brut-Ei das geschlechtsspezifische Hormon Östronsulfat nachweisen lässt. Ist dies der Fall, entwickelt sich in dem Brut-Ei ein weibliches Küken. Nach der Geschlechtsbestimmung muss das Brut-Ei nicht verschlossen werden, da sich die innere Eimembran selbstständig zusammenzieht und das winzige Loch von innen verschließt. Am 21. Bruttag schlüpft dann ein weibliches Küken. Fehlt Östronsulfat, handelt es sich um ein männliches Brut-Ei, das aussortiert und zu hochwertigen Tierfutter weiter verarbeitet wird. Das SELEGGT-Verfahren hat in der Praxis eine Bestimmungsgenauigkeit von rund 98 Prozent. Die lückenlose Rückverfolgbarkeit stellt eine innovative Blockchain-Technologie sicher. In der Blockchain werden die relevanten Daten von der mit dem SELEGGT-Verfahren ausgestatteten Brüterei über den Junghennen-Aufzuchtbetrieb und den Legebetrieb bis hin zu Eier-Packstellen mittels einer App eingegeben. Die Daten werden dezentral gespeichert, sind für alle Teilnehmer der Lieferkette einsehbar und unveränderlich. So wird eine hohe Sicherheit über die gesamte Lieferkette gewährleistet.

Pro Jahr werden allein in Deutschland rund 45 Millionen männliche Küken getötet, die von Legehennenrassen stammen. Männliche Küken dieser Rassen legen keine Eier und setzen beim Mästen nicht genug Fleisch an. Aufgrund der hohen Kosten werden die männlichen Küken, die so genannten Bruderhähne, oft nicht aufgezogen. Um die Praxis des Kükentötens zu beenden, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit circa fünf Millionen Euro die Entwicklung von Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei gefördert, um männliche Küken nicht erst ausbrüten zu müssen.