Pressemitteilung 2023/064 vom

„Über Suizidgedanken spricht man als Mann nicht“, sagt einer der Betroffenen, die im Rahmen von zwei neuen Online-Angeboten über ihre Erfahrungen und ihren Weg aus einer ausweglos erscheinenden Situation berichten. Die Programme des Forschungsverbundes „MEN-ACCESS – Suizidprävention für Männer“ richten sich an Betroffene und deren Angehörige. Sie wurden von Wissenschaftler:innen der Universitäten Leipzig, Bielefeld sowie der Medical School Berlin entwickelt.

Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 9000 Menschen durch Suizid. 75 Prozent von ihnen sind Männer. Trotz dieser erschreckend hohen Zahl an Betroffenen finden Suizidgedanken und Krisen häufig im Verborgenen statt. „Männer nehmen weniger Hilfsangebote in Anspruch als Frauen und sprechen ihre Suizidgedanken seltener an. Sowohl Männer als auch deren Angehörige berichten von Hilflosigkeit, was in suizidalen Krisen hilft, was man tun und wohin man sich wenden kann. Wir wollen diesen Problemen mit unseren neuen, wissenschaftlich fundierten Angeboten entgegenwirken“, sagt die Psychologin Prof. Dr. Heide Glaesmer, Projektleiterin an der Universitätsmedizin Leipzig.

Obwohl die Suizidrate bei Männern fast dreimal so hoch ist wie bei Frauen, gibt es bisher nur sehr wenige spezifische Hilfsangebote. Der Forschungsverbund MEN-ACCESS hat aus diesem Grund zwei neue präventive Online-Angebote speziell für Männer mit Suizidrisiko und deren Angehörige entwickelt. Basis dafür waren Interviews mit Männern, die einen Suizidversuch unternommen haben. In sogenannten psychologischen Autopsie-Interviews wurden auch Angehörige befragt, die eine nahstehende männliche Person durch einen Suizid verloren haben. 

Das Ziel besteht darin, Anzeichen, die dem Suizidversuch vorausgingen, besser zu erkennen. Außerdem wollen die Wissenschaftler:innen verstehen, wie Männer das Hilfesystem in Anspruch nehmen beziehungsweise welche Gründe sie daran hindern und welche Strategien oder Personen ihnen in der Krise hilfreich waren. Zusätzlich werden Daten einer Längsschnittstudie zu psychologischen Faktoren von Suiziden analysiert, geschlechtsspezifische Unterschiede und Risikofaktoren von Männern betrachtet. Mithilfe dieser verschiedenen Ansätze wurden zwei neue Hilfsangebote entwickelt. 

Hilfsangebot für Männer mit Suizidrisiko: www.maenner-staerken.de

Die Informationsseite soll Männern helfen, die eigene Situation einzuschätzen und über suizidales Erleben und Verhalten informieren. Was sind Warnzeichen für und Wege aus einer Krise? Männlichkeit und psychische Krise, wie passt das zusammen? Das Angebot gibt auch Orientierung: Kann überhaupt jemand helfen? Welche Hilfen sind wann und wie erreichbar? Wie kann ich die eigene Not ansprechen? Komme ich gegen meinen Willen in die Psychiatrie, wenn ich über Suizidgedanken spreche? Zahlreiche Videos mit Schilderungen von betroffenen Männern und Expert:innen sollen Perspektiven in scheinbar ausweglosen Situationen schaffen und das Thema entstigmatisieren.

E-Learning Programm für Angehörige von Männern mit Suizidrisiko: www.hilfe-fuer-angehoerige.de

Das kostenlose E-Learning-Programm dient Angehörigen von Männern in einer suizidalen Krise. Es besteht aus vier Modulen mit medizinisch-wissenschaftlichen Inhalten zu Suizidalität, Videos mit Expert:innen, Betroffenen sowie Hörspielen und Informationsmaterial. Das Programm soll Angehörige im Umgang mit Personen in suizidalen Krisen unterstützen, Hilfsangebote aufzeigen, Kommunikationsstrategien vermitteln und für die Wahrnehmung der eigenen Belastung sensibilisieren. Das Angebot wird von einer wissenschaftlichen Studie an der Medical School Berlin begleitet und evaluiert.

Der Forschungsverbund „MEN-ACCESS – Suizidprävention für Männer“ wird gefördert vom GKV-Bündnis für Gesundheit, eine gemeinsame Initiative der gesetzlichen Krankenkassen zur Weiterentwicklung und Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention.