Pressemitteilung 2002/071 vom

Anläßlich der 66. Physikertagung in Leipzig machten auch die Physikerinnen auf sich aufmerksam. Sie fühlen sich aus gutem Grunde immer noch unterrepräsentiert.

Mit dem Arbeitskreis Chancengleichheit (AKC) in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) versuchen die Physikerinnen bessere Rahmenbedingungen und Strukturen für Frauen in der Physik zu schaffen. Der Arbeitskreis tritt u. a. für die Besetzung leitender Positionen in Forschung und Industrie durch Frauen ein und fördert den weiblichen Nachwuchs in der Physik.

Für das Fachgebiet Physik entscheiden sich in Deutschland immer noch weit weniger Frauen als Männer. In Leipzig z. B. studieren zur Zeit 371 junge Leute Physik; darunter sind lediglich 59 Frauen. Auch bei den 46 Promovenden fällt der Prozentsatz recht niedrig aus: nur sechs von ihnen sind Frauen. Noch deutlicher wird die Unterrepräsentierung von Physikerinnen gegenüber ihren männlichen Berufskollegen, wenn man sich die Wissenschaftler anschaut, die das höchste Treppchen in der Wissenschaftshierarchie erstiegen haben: Es gibt immerhin ca. 1.400 Professoren der Physik in Deutschland, darunter sind aber nur ca. 60 Professorinnen. Dass dies anders sein kann, zeigt der Blick nach Frankreich, wo schon 1995 35 Prozent der Doktorarbeiten in der Physik von Frauen abgeschlossen wurden.

In Deutschland bleiben die Frauen meistens am unteren Ende der Karriereleiter stecken. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage des AKC unter 3.600 Angehörigen der DPG zeigte, dass über die Hälfte der befragten Physikerinnen keine Kinder hat und dass sie, selbst wenn sie Kinder haben, nur kurze Babypausen einlegen. Sie konzentrieren sich also offensichtlich in gleichem Maße wie ihre männlichen Kollegen auf ihre Karriere. Allerdings erreichen die Männer in der Regel dennoch höhere Qualifikationsstufen und verdienen mehr, so das erstaunliche Ergebnis der Umfrage.

Auch Dr. Christine Papadakis von der Fakultät für Physik und Geowissenschaften der Universität Leipzig bedauert, dass es so wenige Physikerinnen gibt. "Physik ist ein vielseitiges und interessantes Fach. Der Arbeitsalltag ist abwechslungsreich, und nach dem Studium stehen einem viele verschiedene Berufswege offen." Die Physikerinnen haben in letzter Zeit einige Initiativen ergriffen, um ihre Berufskolleginnen und jene, die es werden könnten, zu fördern. So stiftete die DPG den mit 3.000 Euro dotierten Hertha-Sponer-Preis, einen Forschungspreis für Physikerinnen, der jährlich verliehen wird. Der Preis wurde auf der diesjährigen Physikertagung erstmalig verliehen, und zwar an Dr. Karina Morgenstern von der Freien Universität Berlin. Außerdem werden von vielen Hochschulen Veranstaltungen für Schülerinnen angeboten, die Mädchen für die Physik interessieren sollen.

Auch die Leipziger Physikerinnen sind aktiv geworden. Einige von ihnen treffen sich einmal im Monat, um sich über ihre Berufserfahrungen auszutauschen. Auch während der Physikertagung, am 19.03.2002, fand so ein Treffen statt. "Es ist sehr wichtig, schon früh Netzwerke zu bilden", meint Christine Papadakis. Der nächste Stammtisch soll am 23.04.2002 stattfinden. Alle Physikerinnen, die daran teilnehmen wollen, sind herzlich eingeladen, sich bei ihr zu melden.