Die Forschenden, unter ihnen der Physikdidaktiker Prof. Dr. Philipp Bitzenbauer von der Universität Leipzig, konzentrieren sich dabei auf sogenannte Qubits. Das sind Zwei-Zustandssysteme, die einfachsten und zugleich wichtigsten Quantensysteme, die zur Beschreibung vieler Situationen herangezogen werden können. Die Kontrolle und Manipulation dieser Qubits ist eine zentrale Ressource bei modernen Quantentechnologien.
Bisher gab es Bitzenbauer zufolge keine empirischen Untersuchungen zur Wirksamkeit dieser Zugänge über Zwei-Zustandssysteme für die Konzeptentwicklung Lernender. Ebenso fehlten bislang wissenschaftliche Studien zu den spezifischen Vor- und Nachteilen der verschiedenen Unterrichtskonzepte auf Grundlage der Zwei-Zustandssysteme für das Lernen. „Wir zeigen für das Beispiel des Quantenmessprozesses, eines der zentralen Probleme der Quantenphysik, wie man ein Erhebungsverfahren entwickeln kann, das dann im Feld im Rahmen von Interventionsstudien eingesetzt werden kann. Insgesamt scheinen Unterrichtskonzepte mit Fokus auf Zwei-Zustandssysteme in der Tat lernförderlicher zu sein als der traditionelle Zugang“, erläutert der Leipziger Physikdidaktiker, der Erstautor des Papers ist.
Viel diskutierter Ansatz für den Unterricht
Zwei-Zustandssysteme zum Ausgangspunkt für das Begreifen der Quantenphysik zu machen, wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert. Dabei öffnet nach Ansicht Bitzenbauers gerade diese Herangehensweise das Tor zu modernen Quantentechnologien, sei es die Quantenkryptographie oder das Quantencomputing. Ziel der Quantenkryptographie ist unter anderem eine abhörsichere Kommunikation. Mit Quantencomputing können Probleme gelöst werden, die selbst mit Supercomputern entweder nur in sehr langer Zeit oder gar nicht lösbar sind, beispielsweise die Zerlegung großer ganzer Zahlen in Primfaktoren.
„Mein Team und ich arbeiten daran, dass Schülerinnen und Schülern das bahnbrechende Potential der Quantentechnologien zugänglich wird“, betont Bitzenbauer. Die American Physical Society (APS) hat ihn eingeladen, die Ergebnisse des Projekts im März 2025 auf dem APS Global Physics Summit in Los Angeles in einem Vortrag zu präsentieren.
Jahr der Quantenphysik steht bevor
2025 wird Bitzenbauer zufolge das Jahr der Quantenphysik sein: Dabei schaut die Fachwelt auf 100 Jahre zurück, in denen die Quantenphysik Weltgeschichte geschrieben hat. Sie sei auch heute noch immer dabei, inzwischen „in der zweiten Runde“. Man spricht in diesem Zusammenhang von der zweiten Quantenrevolution, die das neue Jahrhundert prägt, ebenso wie die erste Quantenrevolution das 20. Jahrhundert geprägt hatte. „Heute geht es um den Übergang von Vielteilchensystemen zur Kontrolle und Manipulation einzelner Elektronen, einzelner Photonen beziehungsweise ganz allgemein einzelner Freiheitsgrade in einem Quantensystem. Das einfachste und zugleich wichtigste Quantensystem hat nur zwei Freiheitsgrade – das Zwei-Zustandssystem. Und das machen wir hier zum Ausgangspunkt für das Quantenphysiklernen an Schulen“, erklärt der Forscher.
Originaltitel der Veröffentlichung in „Physical Review Physics Education Research“:
„Design and evaluation of a questionnaire to assess learners’ understanding of quantum measurement in different two-state contexts: The context matters“, Doi: 10.1103/PhysRevPhysEducRes.20.020136