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Die Aktivität von Regenwürmern regt Mikroorganismen im Boden an, die die Produktion von stabilisiertem Kohlenstoff beschleunigen. Das ist das Ergebnis einer systematischen Literaturauswertung von Forschenden des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und der Technischen Universität München, die nun in der Fachzeitschrift Global Change Biology veröffentlicht wurde. Darauf aufbauend entwickelten die Forschenden ein Konzept, das den positiven Effekt von Regenwürmern bei der Nutzung von Böden als Kohlenstoffsenke herausstellt.

Bereits im Jahr 1881 erkannte Charles Darwin, dass Regenwürmer die Qualität von Ackerboden entscheidend verbessern. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der „Ökosystemingenieur“ Regenwurm durch seine Wühlaktivität auch die Treibhausgasbilanz und das Kohlenstoffbudget von Böden beeinflusst. Obwohl diese Bedeutung des Regenwurms für Kohlenstoffdynamiken im Boden seit längerem bekannt ist, fand sie bisher keinen Einzug in Strategien zur Mitigation des Klimawandels. „Dies hat uns überrascht, denn Böden sind wichtige Kohlenstoffsenken. Der Einfluss von Regenwürmern auf die Höhe und Qualität des im Boden gebundenen Kohlenstoffs sollte daher in solchen Strategien stärker berücksichtigt werden“, so Dr. Gerrit Angst, Postdoktorand bei iDiv und der Universität Leipzig und Erstautor der Studie. Zusammen mit einem internationalen Autorenteam aus Deutschland, Tschechien und den Niederlanden hat er aktuelle Studien zum Kohlenstoffaufbau in Böden mit Studien zur Aktivität von Regenwürmern im Boden verbunden. Darauf aufbauend haben die Forschenden einen neuen konzeptionellen Rahmen für den Aufbau von Bodenkohlenstoff entwickelt, der die Bedeutung von Regenwürmern während dieses Prozesses betont.

Die Überreste abgestorbener Mikroorganismen (mikrobielle Nekromasse) sind ein zentraler Kohlenstoffbestandteil von Böden. Je stärker das Mikrobenwachstum im Boden ausgeprägt ist, desto höher ist auch der Aufbau von Nekromasse. „Hier kommen die Regenwürmer ins Spiel: Durch ihre Wühlaktivität entsteht ein Mix aus Regenwurmschleim, Mineralpartikeln und Nährstoffen, sogenannte Regenwurmaggregate. In diesen Aggregaten finden Mikroben optimale Wachstumsbedingungen – erhöhte Nähstoffgehalte und leicht verfügbare Substrate.“, erklärt Angst.

Von Regenwürmern veränderte Böden speichern aber nicht nur mehr mikrobielle Nekromasse als Böden ohne Regenwürmer. Die Nekromasse dieser Böden ist auch stabiler gegenüber externen Einflüssen wie z. B. klimatischen Veränderungen. Das bedeutet, dass der Kohlenstoff länger im Boden gehalten werden kann. Das Wissen über diese Zusammenhänge könnte vor allem für Bereiche des Bodens entscheidend sein, die normalerweise nicht als Hotspots für den Aufbau von mikrobiellem Kohlenstoff angesehen werden, wie z. B. tiefere Bodenschichten. „Durch Regenwürmer könnten diese Bodenbereiche so verändert werden, dass sie als potente Kohlenstoffsenken dienen können, so Prof. Nico Eisenhauer, Forschungsgruppenleiter bei iDiv und der Universität Leipzig und Seniorautor des Konzeptpapiers. „Klimaschutzstrategien, die eine Erhöhung der Kohlenstoffstabilität im Boden zum Ziel haben, sollten daher unbedingt Maßnahmen zur Erhöhung der Regenwurmanzahl in Böden fördern.“

Die Forschung wurde unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.

Originalveröffentlichung in "Global Change Biology":

"Earthworms as catalysts in the formation and stabilization of soil microbial necromass." Global Change Biology. DOI: 10.1111/GCB.16208