Pressemitteilung 2022/218 vom

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat die Anzahl an Adipositaserkrankten immer mehr zugenommen und ist heute eine der häufigsten Todesursachen weltweit – 650 Millionen Erwachsene werden als fettleibig eingestuft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas als die Anhäufung von übermäßigem Fett im Körper, welche Risiken für ein gesundes Leben mit sich bringt. Die Hauptursachen: veränderte Ernährungsgewohnheiten und Lebensstile. Doch wie beeinflussen schlechte Essgewohnheiten unsere Blutgefäße? Ein Forscherteam unter der Leitung von Bilal Sheikh vom Helmholtz-Institut für Stoffwechsel-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) des Helmholtz Munich und der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig hat untersucht, wie sich Adipositas auf die molekulare Struktur der Blutgefäße auswirkt.

Das Forschungsteam fand heraus, dass sich Stoffwechselkrankheiten auf einzigartige Weise auf die Blutgefäße in verschiedenen Organen unseres Körpers auswirken: So haben beispielsweise die Blutgefäße in der Leber und im Fettgewebe Schwierigkeiten, die überschüssigen Fette zu verarbeiten, die Nierengefäße entwickeln eine Stoffwechselstörung, die Lungengefäße werden hochgradig entzündlich, und der Transport in den Hirngefäßen ist gestört. „Da die Fehlfunktion von Blutgefäßen alle wichtigen Pathologien – von Herzversagen über Atherosklerose, bis hin zur Neurodegeneration – antreibt, zeigt unsere Forschung, wie schlechte Essgewohnheiten die Entwicklung verschiedener Krankheiten auf molekularer Ebene fördern“, erklärt Dr. Olga Bondereva, die Erstautorin dieser Studie.

„Wir wollen molekulare Mechanismen der Adipositas aufklären, um Betroffenen künftig maßgeschneiderte Therapien anbieten zu können“, ergänzt HI-MAG-Direktor Prof. Dr. Matthias Blüher. Der Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1052 „ObesityMechanisms“ forscht seit Jahren an der Universität Leipzig zur krankhaften Fettleibigkeit. An der vorliegenden Studie sind aus Leipzig auch Wissenschaftler:innen der universitären Kardiologie und Laboratoriumsmedizin beteiligt.

Die Forscher:innen fragten sich dann, ob eine gesunde Ernährung die krankheitsverursachenden molekularen Signaturen, die durch eine schlechte Ernährung hervorgerufen werden, reduzieren kann. Ihre Ergebnisse zeigen: Eine gesunde Ernährung kann tatsächlich die molekulare Gesundheit der Blutgefäße verbessern, allerdings nur teilweise. In den Experimenten erholten sich zum Beispiel die Blutgefäße in der Leber fast vollständig, aber die Blutgefäße in den Nieren behielten die Krankheitssignatur bei, trotz gesunder Ernährung und erheblicher Gewichtsabnahme. Zusammenfassend bedeutet dies: Einige unserer Blutgefäße können ein „Gedächtnis“ für Stoffwechselerkrankungen entwickeln, welches nur schwer wieder rückgängig zu machen ist.

Adipositasforschung in Leipzig

Die Mechanismen der Entstehung und Behandlung von Adipositas zu erforschen, ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt der universitären Forschung in Leipzig. Es besteht eine vielfältige Forschungslandschaft, die sich der Prävention und Behandlung der Erkrankung widmet. Zu den Themen der Adipositasforschung in Leipzig zählen unter anderem genetische Assoziationen, Stoffwechselstörungen, Mechanismen der Fettakkumulation, die Rolle des Gehirns beim Essen und therapeutische Interventionen zum Gewichtsverlust und -erhalt.

Das Helmholtz-Institut für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) ist eine gemeinsame Einrichtung von Helmholtz Munich mit der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig und dem Universitätsklinikum Leipzig. Das Institut erforscht die molekularen Grundlagen krankhafter Fettleibigkeit, um mithilfe eines klinisch-translationalen Forschungsansatzes präzise Therapien für Adipositas und deren Folgeerkrankungen zu ermöglichen.

Original-Publikation in Nature Metabolism

"Single-cell profiling of vascular endothelial cells reveals progressive organ-specific vulnerabilities during obesity" Bondareva et al. DOI 10.1038/s42255-022-00674-x
Kontakt: Dr. Bilal Sheikh, bilal.sheikh(at)helmholtz-muenchen.de

Informationen zu Förderungen

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Projektförderung und SFB1052, sowie Förderung durch den Freistaat Sachsen und Helmholtz Munich