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Seit 2021 ist Dr. Susanne Römer Senatsbeauftragte für Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen an der Universität Leipzig. Im Interview erzählt sie, wie sie Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen unterstützt, welche Hilfen die Universität zur Bewältigung des Studiums bereitstellt und welche Tipps sie für Kommilitonen von Betroffenen hat.

Was sind Ihre Aufgaben als Senatsbeauftragte für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen?

Die Aufgaben sind vielschichtig. In erster Linie vertrete ich mit einem kleinen Team die Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen in allen Belangen rund um das Studieren an der Universität Leipzig. Das betrifft insbesondere die Unterstützung, Moderation und konkrete Beratung bei der Beantragung und Ausgestaltung von Nachteilsausgleichen im Studium und bei Prüfungen. Die Aufgabe als Senatsbeauftragte umfasst u.a. zudem die Zuarbeit zur Implementierung der Belange im Sächsischen Hochschulgesetz sowie die Koordinierung und das Streuen der Informationen in unterschiedlichen Vernetzungstreffen der Studienbüros, Fachschaften und Gremien. Ebenso stehen wir im stetigen internen Austausch mit dem Rektorat und kommunizieren auch extern mit den sächsischen und bundesweiten Hochschulen. Informationsstände am Hochschulinfotag oder am Tag der offenen Tür, sowie eine regelmäßige offene Sprechstunde auf dem Campus am Augustusplatz und eine stets aktuelle Homepage stützen die Präsenz und Sichtbarkeit der Thematik.

In welchen Fällen können sich Studierende an Sie wenden?

Grundsätzlich können sich alle Studierende mit Ihren Fragen rund ums Studium mit Behinderung an uns wenden und wir versuchen sie dann an die jeweilige verantwortliche  Stellen zu vermitteln. Die wohl häufigsten Fragen ergeben sich im Zusammenhang mit Nachteilsausgleichen. Da ist es sinnvoll sich bei dem jeweiligen Studienbüro oder auf dem Informationsportal rund um das Thema "Nachteilsausgleich" vorab zu informieren.
Häufig wissen die Studierenden für sich am besten, wie sie lernen und auf welche Weise sie ihre individuelle Leistung am besten abrufen können. Diese Erfahrungen müssen passgenau mit den fachlichen Zielen und unterschiedlichen Anforderungen der Studiengängen abgeglichen werden. Die Mitarbeiter:innen dort sind dazu geschult und informiert.

Wie unterstützen Sie Studierende, die auf Sie zukommen?

Wir beraten individuell und möglichst auch zügig. Wir koordinieren bei Problemen mit Prüfungsmodalitäten und moderieren bei komplizierten Studienverläufen aufgrund differenzierter Beeinträchtigungen. Wir beraten auch die Dozierenden im Zusammenspiel mit den Studierenden zur differenzierten Gestaltung und evtl. technischen Umsetzungen in der Lehre und bei Prüfungen. Teilweise verweisen wir die Studierende auf Selbsthilfegruppen an der Universität Leipzig und auf die Angebote des Studentenwerks zur psychosozialen Beratung. Unser Ziel ist es, mit diesen Angeboten gemeinsam die jeweilige Studierfähigkeit zu erhalten, um damit einen erfolgreichen Studienabschluss zu erreichen. 

Welche Ressourcen stehen Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zur Verfügung?

Die Universität Leipzig verfügt über eine Vielzahl an differenzierten Unterstützungsangeboten. Ein Ausleihpool für blinde und sehbeeinträchtigte Personen stellt das notwendige technische Equipment bereit. Mikrophone und Höranlagen sowie mobile Technik-Rucksäcke für flexible hybride Lehrangebote können ausgeliehen werden. Zusätzlich können bei Bedarf einzelne technische Hilfsmittel angefragt werden. Das beginnt bei einem Duden, geht über Lärmschutz Kopfhörer bis zu einem seperaten und technisch ausgestatteten Notebook oder I-Pad. Beratungsangebote und Selbsthilfegruppe geben über die ausgestaltete Homepage hinaus Informationen und soziale Unterstützung.

Das Team der Senatsbeauftragten erarbeitet gerade zusätzlich an einem seperaten Moodle Kurs, der allen Interessierten offen steht. Dort geben wir Auskunft zu den Modalitäten bei Nachteilsausgleichen aber auch in Bezug das Studium mit Behinderung im allgemeinen.

Haben Sie Tipps für Mitstudierende von Betroffenen?

Einige Beeinträchtigungen sind sichtbar – der größere Anteil jedoch ist unsichtbar. Perspektivwechsel sind oftmals hilfreich und sinnvoll, um scheinbare „ungerechte“ Ansprüche zu verstehen oder „umständliche, zeitintensive“ Anpassungen zu akzeptieren. Selbstreflexionen zum eigenen Menschenbild, zum Konzept des Leistungsanspruchs und der Normen im wissenschaftlichen Kontext und Fragen zu der Ressource eines vielfältigen Blickes stärken das eigene inklusive Verständnis und öffnen einen für interessante Begegnungen und neue Welten.

Haben Sie einen bewährten Tipp für Betroffene selbst?

Inklusion muss als Querschnittsthema in allen (Fach)Bereichen gedacht werden, damit die Forderungen generell selbstverständlicher werden. Studierende sollten in ihren konkreten Fächern Fragen stellen, wie Inklusion darin gedacht und umgesetzt werden kann. Studierende können ihre wissenschaftliche Themen mit der Inklusionfrage in Verbindung bringen. Sie können in ihren Bereichen dazu forschen und damit fachbezogenen Diskussionen in Seminaren und mit den Dozierenden anregen.
Und auch wenn es oftmals mühsam ist. Studierende müssen sich rechtzeitig über ihre Rechte informieren und diese selbstbewusst einfordern. Viele Studierende wissen noch zu wenig über die Möglichkeiten des Nachteilsausgleiches oder stellen Anträge – oft aus Scham oder eigenem Anspruchsdenken – zu spät, wenn sie schon viel zu viel Kraft verbraucht haben.