Pressemitteilung 2002/086 vom

Am 19. und 20. April 2002 findet die 52. Jahrestagung der Deutschen STD-Gesellschaft statt, einer Gesellschaft, die sich mit sexuell übertragbaren Erkrankungen, deren Erkennung, Behandlung und Vorbeugung beschäftigt. Zugleich stellt dies die Jubiläumstagung zum 100jährigen Bestehen dieser Gesellschaft dar. Tagungsleiter ist Prof. Dr. Uwe-Frithjof Haustein, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten der Universität Leipzig.

Die Deutsche STD-Gesellschaft, in der Mediziner zusammenarbeiten, die sich mit sexuell übertragbaren Erkrankungen befassen, besteht jetzt 100 Jahre. Aus diesem Anlass treffen sich die Experten in Leipzig, um sowohl zur Geschichte der Gesellschaft als auch zu den wichtigsten neuen vorbeugenden, diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen Erfahrungen auszutauschen. In Leipzig wurde bereits 1880 eine wichtige Grundlage in der Behandlung sexuell übertragbarer Erkrankungen gelegt: Albert Neisser entdeckte hier den Erreger der Gonorrhoe und hielt als junger Privatdozent Vorlesungen zu Hautkrankheiten und Syphilis.

Bekanntlich erlangen sexuell übertragbare Erkrankungen (früher sogenannte Geschlechtskrankheiten) eine zunehmende Bedeutung. Europäische Studien belegen, dass bereits 20 Prozent der Jugendlichen erste sexuelle Kontakte vor dem 15. Lebensjahr haben. Bei 15 Prozent der Mädchen und 4 Prozent der Jungen treten bereits vor dem 17. Lebensjahr sexuell übertragbare Erkrankungen auf. Bis zu 20 Prozent der unter 19jährigen haben bereits eine unentdeckte Chlamydien-Infektion durchgemacht, die über eine Entzündung der inneren Genitalorgane (Eileiter, Eierstock) zur Sterilität führen kann.

Die WHO gibt an, dass jährlich etwa 333 Mio. sexuell übertragbare, aber heilbare neue Infektionen auftreten. Die höchste Inzidenz liegt in Südostasien, gefolgt von Afrika und Osteuropa sowie Zentralasien. Auf eine diagnostizierte Syphilis kommen 2,3 nicht diagnostizierte Fälle. Für Deutschland ist insbesondere der bedrohliche Anstieg der Häufigkeit von sexuell übertragbaren Erkrankungen in Osteuropa von Bedeutung. Dies betrifft insbesondere Infektionen mit Gonorrhoe, Syphilis und mit HIV-Viren.

Die vielverbreitete Nutzung des Internets hat dazu geführt, dass zunehmend Sexualpartner online gesucht und gefunden werden. In den USA hat das dazu geführt, dass signifikant häufiger Syphilis und rektale Gonorrhoe bei Patienten auftreten, die ihre Sexualpartner über das Internet gefunden haben. Die neueste Aufklärungsstrategie besteht deshalb darin, auch über das Internet über sexuell übertragbare Erkrankungen zu informieren.

In Deutschland ist die Meldepflicht von Geschlechtskrankheiten zunehmend liberaler geworden. Im Gegensatz zum früher gültigen separaten Gesetz für die Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten, gilt heute das Infektionsschutzgesetz, das nur noch anonyme Meldungen von Syphilis und HIV vorsieht. Dies wird in erster Linie über die Laboratorien realisiert, die positive Befunde entdecken. "Das hat im Zusammenhang mit einer laxen Handhabung der Meldepflicht dazu geführt, dass scheinbar die Häufigkeit der sexuell übertragbaren Erkrankungen zurückgeht; in Wirklichkeit aber hat sie zugenommen.", so Prof. Haustein. Für die Gonorrhoe liegt die Häufigkeit in Ostdeutschland bei 4,7 pro 100.000 Einwohner. Insbesondere Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren sind davon betroffen. Auch die Syphilis darf nicht vernachlässigt werden; immerhin wurden 2001 in Leipzig 28 derartige Fälle erfasst. Auch an die angeborene Syphilis ist immer wieder zu denken. Bis heute sind in Sachsen etwa 350 HIV-positive Patienten bekannt, 61 davon leiden unter manifesten AIDS, 45 Patienten sind leider bereits verstorben.

Größte Beachtung muss man den Chlamydien-Infektionen schenken, aber auch den sogenannten humanen Papillomviren, die nicht nur mit Feigwarzen bzw. anogenitalen Warzen in Verbindung gebracht werden, sondern auch mit dem Gebärmutterhalskrebs, oft nach jahrelanger klinisch-stummer Phase. Auch die genitalen Herpesinfektionen sind an Häufigkeit deutlich angestiegen, sie neigen zum Rückfall und bedeuten jeweils einen ganz erheblichen Krankheitswert sowie eine seelische Belastung. Bislang ist weder eine wirksame Prophylaxe noch eine Heilung des Herpes genitalis bekannt. Das Herpes simplex-Screening wird bei allen sexuell aktiven Menschen empfohlen, an einer Impfung wird gearbeitet.