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Im Januar und Februar diesen Jahres wird das deutsche Forschungsflugzeugs HALO von Australien aus einen Hotspot des Klimawandels am Äquator untersuchen. Es ist der dritte Teil einer großangelegten Expeditionsreihe, die sich mit den Oxidationsprozessen in der Atmosphäre beschäftigt. Das nun gestartete Projekt CAFE-Pacific (CAFE steht für „Chemistry of the Atmosphere: Field Experiment“) erhebt Daten in der tropischen Region zwischen Indonesien und Nordaustralien, wo die Konvektion, also der vertikale Transport der Luft und damit von Wolken und Wasserdampf, auf der Erde am intensivsten ist. Daran beteiligt sind auch zwei Forschende vom TROPOS und der Universität Leipzig.

Die vom Max-Planck-Institut für Chemie und der Goethe-Universität Frankfurt koordinierte CAFE-Pacific-Mission erforscht die photochemischen Prozesse und die Aerosolbildung in der tropischen Troposphäre mit dem Höhenflugzeug HALO. Das Forschungsflugzeug wurde mit hochsensiblen massenspektrometrischen und optischen Instrumenten ausgestattet. Mit dabei sind Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ), des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das auch Betreiber des Messflugzeuges ist. Mithilfe der Messinstrumente werden die Wissenschaftler:innen die atmosphärischen Oxidationsmechanismen charakterisieren sowie die Bildung und das Wachstum von Aerosolpartikeln in der oberen Troposphäre erfassen. Dazu messen sie eine Vielzahl gasförmiger chemischer Verbindungen wie Schwefel- und Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen (VOCs), Kohlenstoffmonoxid und Hydroxylradikale, aber auch die Anzahl, Größe und Zusammensetzung von Aerosolpartikeln.

Forschende vom TROPOS betreuen auf diesen Flügen zwei Messgeräte: Das FASD-System (Fast Aerosol Size Distribution) und das CCN-Rack enthalten einen Kondensationspartikelzähler (CPC), ein ultrahochempfindliches Aerosolspektrometer (UHSAS) und ein optisches Partikelgrößenspektrometer. Dadurch wird die Größenverteilung der Aerosol-Partikel im Bereich zwischen 2 und 5000 Nanometern erfasst und damit auch der Größenbereich, aus denen Wolken entstehen. Parallel dazu werden Wolkenkondensationskeime und Rußpartikel gemessen.

„Mittels der Messdaten bekommen wir einen Einblick in die Neubildung von Partikeln, was auch für uns eine der wichtigsten Fragestellungen bei der Kampagne ist“, berichtet Prof. Dr. Mira Pöhlker vom TROPOS und der Universität Leipzig, die zuvor am Max-Planck-Institut für Chemie geforscht hat und auch bereits bei den vorigen CAFE-Expeditionen im tropischen Afrika und Brasilien dabei war. „Durch den Vergleich von drei tropischen Regionen auf sehr unterschiedlichen Kontinenten erhoffe ich mir Einblick in die verschiedenen Prozesse welche unsere Aerosole und damit auch unsere Wolken und das Klima verändern“, so Mira Pöhlker. Sie wird im Februar vor Ort in Cairns dabei sein. Ihr Mitarbeiter Konstantinos Barmpounis wird von Anfang bis Ende der Kampagne die Geräte im Flugzeug betreuen.

Insgesamt plant das Wissenschaftsteam bis Ende Februar rund 120 Flugstunden für 15 Messflüge mit Start und Landung am Flughafen in Cairns im Nordosten Australiens. Geplant sind auch Flüge in der Morgen- und Abenddämmerung und bei Nacht. Bei jedem Flug werden jeweils vier Forschende mit an Bord sein, um die 15 verschiedenen Messinstrumente zu überwachen und mit den Kolleg:innen am Boden Kontakt zu halten. Am 28. Februar 2024 ist der Rückflug des Messflugzeugs nach Oberpfaffenhofen geplant.

Die drei CAFE-Expeditionen

  • CAFE-Africa, die erste der drei Forschungsexpeditionen, fand im Sommer 2018 statt. Ziel der Expedition war es, von der Kapverdischen Insel Sal aus den Einfluss der Emissionen aus Biomasseverbrennung in Afrika auf die Atmosphäre über dem tropischen und subtropischen Atlantik zu untersuchen. 
  • Die zweite Expedition CAFE-Brazil fand im Dezember 2022 und Januar 2023 über dem Amazonasgebiet rund um Manaus statt. Die Forschenden sammelten 60 Tage lang Daten zu den chemischen Prozessen in der weitgehend sauberen Atmosphäre über dem Amazonasregenwald in Brasilien. 
  • Das dritte und letzte Projekt der Reihe ist nun CAFE-Pacific. Es konzentriert sich auf die Region um Indonesien und Nordaustralien – also das Zentrum des indo-pazifischen Wärmebeckens. In der Region am Äquator von Madagaskar im Westen des Indischen Ozeans über Indonesien und Papua-Neuguinea bis nach Französisch-Polynesien im Pazifik liegen die Meeresoberflächentemperaturen das ganze Jahr über 28 °C. Durch den Klimawandel dehnt sich diese Region weiter aus. Aufgrund der hier herrschenden hohen Wassertemperaturen ist die hochreichende Wolken-Konvektion in dieser Region weltweit am stärksten. Dies bedeutet einen starken Wärmetransport von der Meeresoberfläche in die Tropopausenregion (ca. 12 – 16 km), so dass das indo-pazifische Wärmebecken auch als Wärmekraftmaschine der Erde bezeichnet wird. Im Gegensatz zum Amazonasgebiet, wo die Emissionen des Regenwalds die chemischen Prozesse in der Atmosphäre dominieren, erwarten die Forschenden über dem tropischen Pazifik einen dominanten Einfluss von sauberer maritimer Luft. Der Vergleich zwischen den Auswirkungen der Konvektion über dem Amazonas (grüner Ozean) und über dem indo-pazifischen Wärmebecken (blauer Ozean) wird zum besseren Verständnis der atmosphärischen Prozesse beitragen.

Ziel der CAFE-Forschungsexpeditionen

„Im Rahmen der CAFE-Missionen haben wir Daten unter unberührten Bedingungen im Amazonasgebiet gesammelt sowie in Regionen, in denen viel Biomasse verbrannt wird. Diese werden wir mit denen, die wir nun über dem Pazifik messen werden, vergleichen und kombinieren. Wir versprechen uns davon grundlegende Erkenntnisse über die natürliche troposphärische Chemie und Aerosolprozesse in terrestrischen und marinen Umgebungen in den Tropen“, erklärt Prof. Jos Lelieveld, Direktor der Abteilung Atmosphärenchemie am Max-Planck-Institut für Chemie und Koordinator der CAFE-Pacific-Forschungsreise.

Alle Messungen dienen zudem als Grundlage für Computermodelle, die chemische Prozesse und ökologische Rückkopplungsmechanismen des Erdsystems abbilden und zukünftige Entwicklungen des Klimas vorausberechnen sollen.

  • Über HALO
    Das Forschungsflugzeug HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des DLR. Das DLR ist zugleich Eigner und Betreiber des Flugzeugs.