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In Deutschland fehlen Tierärzt:innen. Auch diese Branche leidet nach Einschätzung des Präsidenten der Sächsischen Landestierärztekammer, Dr. Uwe Hörügel, unter massiven Nachwuchsproblemen. Wie viele genau fehlen, sei bislang nicht bekannt. Die Gründe dafür sind vielfältig. So hat sich die Zahl der bundesweit tätigen Veterinärmedizinner:innen von 31.461 im Jahr 2002 auf 33.326 im vergangenen Jahr sogar etwas erhöht. Allerdings gibt es heute wesentlich mehr medizinisch zu betreuende Haustiere als noch 2017. Zudem scheuen sich junge Tierärzt:innen oft davor, eine eigene Praxis zu eröffnen. Viele Praxisinhaber:innen, die in den Ruhestand gehen, finden daher keine(n) Nachfolger:in. Im Rahmen des Leipziger Tierärztekongresses befasst sich das berufspolitische Forum am 18. Januar 2024 intensiv mit dieser Problematik und möchte unter anderem jungen Veterinärmediziner:innen Mut machen, eine eigene Praxis zu eröffnen.

Gab es 2017 in Deutschland 23,2 Millionen Haustiere in privaten Haushalten, waren es im vergangenen Jahr bereits 34,4 Millionen. „In der Corona-Zeit haben sich viele Menschen ein Haustier zugelegt. Das ist ein allgemeiner Trend“, sagt Hörügel. Genau dieser Trend bereite der Branche Sorgen, denn es kommen nicht genügend Veterinärmediziner:innen nach, um diesen massiv erhöhten Bedarf zu decken. „Der tierärztliche Nachwuchs ist größtenteils weiblich. Da die Tierärztinnen natürlich auch Mütter werden und für ihre Familien Zeit haben wollen, arbeiten viele in Teilzeit. Dadurch fehlen Arbeitsstunden für die tierärztliche Tätigkeit“, konstatiert er.

Dies reflektiere genau die Bewerberlage: Es bewerben sich vornehmlich Abiturientinnen um die Studienplätze. Der Präsident dies Tierärztekongresses, Prof. Dr. Uwe Truyen von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig, vermutet, dass dies wenigstens teilweise auf die Kriterien des gegenwärtigen Auswahlverfahrens zurückzuführen ist, da für einen Großteil der zu vergebenen Plätze allein der Abiturnotendurchschnitt herangezogen wird. Warum allerdings die Zahl der Bewerbungen von männlichen Abiturienten so viel geringer ist, ist unklar. Möglicherweise trage die im Vergleich zu anderen Hochschulberufen geringere Bezahlung von angestellten Tierärztinnen und Tierärzten zu der Situation bei.

Warum dann nicht einfach mehr Studierende immatrikulieren? – Auch diese Frage ist schnell beantwortet: Es gibt bislang in Deutschland zu wenig Hochschulen, die Veterinärmediziner:innen ausbilden. Zudem ist ein Studienplatz in diesem komplexen Studium sehr teuer. „Das Tierarztstudium ist tatsächlich eines der teuersten in Deutschland. Der Staat kann mit der gegenwärtigen Ausstattung nicht mehr Studierende ausbilden. Die aktuellen Kapazitäten an den veterinärmedizinischen Bildungsstätten sind erschöpft“, weiß Hörügel. 

Viele Tierärzt:innen in Deutschland gehen demnächst in den Ruhestand. Da Betreiber:innen von Tierarztpraxen häufig keinen Nachfolger oder Nachfolgerin finden, verkaufen sie ihre Praxis an große Ketten, die als Investor fungieren und das finanzielle Risiko übernehmen.

Der Leipziger Tierärztekongress möchte die Breite dieses interessanten Berufes darstellen“, betont Kongresspräsident Truyen. Von der kurativen Praxis über die Aufgaben der Veterinärverwaltung im Bereich der Lebensmittelüberwachung, der Tierseuchenbekämpfung und des Tierschutzes bis hin zur Forschung gebe es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten in der Tiermedizin. Allerdings seien dafür häufig Zusatzqualifikationen notwendig. Die hierzu erforderliche Weiterbildung der Tierärzt:innen liege in der Verantwortung der jeweiligen Landestierärztekammern. „Wir haben in unserer Branche in vielen Bereichen nicht genug qualifizierte Fachkräfte, um die vielen offenen Stellen zu besetzen. Die Weichen für diese Misere sind vor Jahren gestellt worden“, erklärt Truyen.

Erstmals wird aktuell Hörügel zufolge in Sachsen auch die Zahl der Teilzeit- und Vollzeitkräfte in der Branche erfasst. Diese werde dann zur Zahl der Haustiere in Relation gesetzt, um einen Überblick über das Ausmaß des Nachwuchsproblems zu bekommen.

Über den Leipziger Tierärztekongress und die vetexpo

Der Leipziger Tierärztekongress und die Fachmesse vetexpo werden von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig, den sechs Tierärztekammern der Bundesländer Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der Leipziger Messe GmbH veranstaltet. 5.600 Tierärzt:innen, Tiermedizinische Fachangestellte und Studierende der Veterinärmedizin sowie 500 Referent:innen kamen zur vergangenen Veranstaltung vom 7. bis 9. Juli 2022 nach Leipzig. Auf der größten veterinärmedizinischen Fachmesse im deutschsprachigen Raum, der vetexpo, präsentierten sich 282 Unternehmen aus 17 Ländern auf 15.000 Quadratmetern Fläche. Der 12. Leipziger Tierärztekongress findet vom 18. bis 20. Januar 2024 statt. 

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