Pressemitteilung 2021/093 vom

Hoher Flugverkehr treibt die Erderwärmung an, und dies nicht nur durch die Treibhausgasemissionen, sondern auch durch zusätzliche Wolken. Zu dieser Erkenntnis kommen Wissenschaftler der Universität Leipzig, des Imperial College London und des Institut Pierre-Simon Laplace in Paris. Sie haben untersucht, in welchem Ausmaß durch Flugzeuge verursachte Zirruswolken während des weltweiten harten Lockdowns zwischen März und Mai 2020 entstanden und verglichen die Werte mit denen im gleichen Zeitraum vergangener Jahre. Die Studie entstand unter Federführung von Johannes Quaas, Professor für Theoretische Meteorologie an der Universität Leipzig, und wurde nun in den renommierten Environmental Research Letters veröffentlicht.

Zirruswolken, also die hohen dünnen Wolken, haben einen erwärmenden Einfluss auf das Klima. Bei einer natürlichen Zirruswolkenbildung entstehen große Eiskristalle in einer Höhe von ca. 36 Kilometern und reflektieren so das Sonnenlicht zum Weltall – wenn auch in geringem Maße. Sie verhindern allerdings auch eine Wärmeabstrahlung von der Erde Richtung Weltall und wirken somit wärmetreibend. Dies ist bei den Zirruswolken der dominante Effekt.

Hinter Flugzeugen entstehen bei entsprechenden Wetterbedingungen Kondensstreifen. Diese können sich gegebenenfalls langfristig halten und zu größeren Zirruswolken ausbreiten. In diesem Fall ist der Effekt auf das Klima wesentlich größer als bei den schmalen Kondensstreifen allein.

Die Forscher um Professor Quaas haben Satellitenaufnahmen zur Wolkenbildung auf der Nordhalbkugel, zwischen 27° und 68° nördlicher Breite, im Zeitraum vom März bis Mai 2020 ausgewertet und sie mit Aufnahmen aus dem selben Zeitraum der Vorjahre verglichen. „Das Besondere ist, dass wir durch unsere Studien einen klaren kausalen Zusammenhang nachweisen können. Da Wolken sehr variabel bei der Entstehung des Wetters sind, hätten wir unter normalen Umständen die Effekte des Flugverkehrs so nicht nachweisen können. Die Zeit des Lockdowns auf Grund der COVID-19-Pandemie bot eine einmalige Gelegenheit, Wolken in Flugverkehrskorridoren bei sehr unterschiedlich starkem Verkehrsaufkommen zu vergleichen. Die Auswertung der erhobenen Daten zeigt, dass während des weltweiten Lockdowns neun Prozent weniger Zirruswolken entstanden, die noch dazu zwei Prozent weniger dicht waren“, so Quaas. „Die Studie belegt eindeutig, dass die durch Flugzeuge verursachten Kondensstreifen zu zusätzlichen Zirruswolken führen und Einfluss auf die Erderwärmung haben.“

Die gesammelten Daten bestätigten die bislang lediglich auf Klimamodellen basierenden Schätzungen, erklärt Quaas weiter. „Unsere Studie kann dabei helfen, die Simulation dieser Effekte in Klimamodellen zu verbessern.“ Die Ergebnisse der Studie bedeuten jedoch nicht, dass die Auswirkungen des Flugverkehrs auf die Erderwärmung ausreichend erforscht sind. In europäischer Forschungszusammenarbeit unter Beteiligung der Arbeitsgruppe von Quaas werden die genauen Mechanismen derzeit eingehend untersucht. „Der harte weltweite Lockdown war hinsichtlich unserer Forschung hilfreich. Um den erwärmenden Effekt auf das Klima zu lindern oder gar zu vermeiden, könnten Flugrouten in Zukunft so angepasst werden, dass eine Zirruswolkenbildung vermieden wird, beispielsweise durch eine Entzerrung der Flugkorridore”, so der Professor für Theoretische Meteorologie an der Universität Leipzig.

Titel der Originalpublikation in "Environmental Research Letters":
Climate impact of aircraft-induced cirrus assessed from satellite observations before and during COVID-19